Der Konflikt der FAU Hannover mit Blumen Wolf. Ein Zwischenstand
Von zahlreichen Missständen beim Blumenhändler Karl Heinz Wolf im Hannoveraner Hauptbahnhof war in den vergangenen Monaten in den Zeitungen zu lesen. Aber auch davon, wie die Kolleginnen sich wehrten und letztendlich gegen alle Widerstände Verbesserungen vom Chef erstritten. Ihr Durchhaltewille hat bereits jetzt andere dazu animiert, sich ebenfalls zusammen mit der FAU Hannover für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen einzusetzen. Das Beispiel Blumen Wolf ist zu einem Mutmacher für viele andere Beschäftigte geworden, deren Chefs genauso nach „Gutsherrenart“ im Betrieb auftreten.
Wenn auch noch lange nicht alles zum Besseren gewendet ist – die KollegInnen haben viel erreicht: sie arbeiten zu wesentlich besseren Bedingungen und können von einer deutlichen Lohnerhöhung von bis zu 50% profitieren. Solche Erfolge sind nicht leicht zu erringen: es braucht Engagement, Hartnäckigkeit und ein dickes Fell der Beschäftigten. Doch der Fall Blumen Wolf zeigt, welchen großen Spielraum es oft auch in Kleinbetrieben bei den Gehältern gibt und man fragt sich sofort: Wenn jetzt offenbar solch eine deutliche Gehaltserhöhung möglich war, warum war sie es nicht schon vor ein oder zwei Jahren? Die eingesparten Gehaltserhöhungen haben dem Chef jahrelang ganz sicher sehr üppige Gewinne beschert. Gewinne, die auch dadurch möglich wurden, dass sich die Beschäftigten dort über die Maßen eingesetzt haben, oft auf Pausen verzichten mussten und nicht selten 14 Stunden oder mehr im Laden standen.
Was war passiert? Im 31. Mai 2018 berichtete die TAZ erstmals über Überwachung, Mobbing, Überstunden bei Blumen Wolf und thematisierte die grotesken Arbeitsbedingungen, die im Blumenhandel des Hannoveraner Hauptbahnhofs vorherrschten: ständige Überschreitungen der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten, sowie Nichteinhaltung der Pausen und Mindestruhezeiten zwischen Spät- und Frühschicht. Und das Ganze bei einem Lohn von zehn Euro brutto pro Stunde. Hinzu kam, dass Wolf seine MitarbeiterInnen durch Videokameras überwachen ließ. Im Mai wurde deshalb durch die Landesdatenschutzbehörde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Dem Verfahren folgten weitere Prüfungen, die auch zum aktuellen Zeitpunkt nach Auskunft der Behörde nicht abgeschlossen sind.
Wolf schwieg weiter beharrlich. Sowohl gegenüber der FAU, die den Unternehmer regelmäßig zu Gesprächen und zur Behebung der Missstände aufgefordert hatte, bevor sie sich an die Öffentlichkeit wandte. Auch Anfragen der Presse ließ Wolf unbeantwortet und versuchte, die Angelegenheit auszusitzen. Durch sein Schweigen und Mauern hat Karl Heinz Wolf wesentlich zu genau jener medialen Aufmerksamkeit beigetragen, die er im Grunde scheute. Die FAU baute fortlaufend weiter Druck auf und machte in mehreren öffentlichen Aktionen sowie einer Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz am 2. Juni 2018 auf die unhaltbaren Zustände aufmerksam. Der öffentliche Protest brachte Wolf zwar nicht zum Reden, aber schließlich doch zum Handeln. So konnte die Hannoversche Allgemeine (HAZ) am 3. Juli 2018 berichten: Nach Protesten zahlt Blumenhändler Wolf mehr Lohn. Auch ohne Tarifverhandlungen hat basisgewerkschaftliche Aktivität hier große Wirkung gezeigt. Ein beachtlicher Erfolg, den sich die Beschäftigten auf ihre Fahne schreiben können.
Auch bei der Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards zahlt sich Hartnäckigkeit aus. Es hat sich gezeigt, dass mit ausreichend öffentlichem Druck die staatlichen Behörden durchaus zu schnellerem und konsequenterem Handeln angeregt werden können. Die FAU hatte immer wieder Eingaben bei der Gewerbeaufsicht gemacht und auf die anhaltenden Verstöße hingewiesen. Die Arbeitsbedingungen bei Blumen Wolf wurden in der Folge auch im Niedersächsischen Landtag thematisiert. Wie die TAZ am 24. Juli 2018 berichtete (Flower-Power setzt sich durch), forderten die Grünen im Landesparlament mehr proaktives Handeln der Gewerbeaufsichtsämter. Die Bemühungen haben mittlerweile Früchte getragen: Wolf setzt nun alles daran, die Einhaltung von gesetzlichen Mindeststandards zu beachten.
Als Basisgewerkschaft geht es der FAU aber um mehr. Denn mit dem Lohn und der Einhaltung von Mindeststandards hört die Gewerkschaftsarbeit nach unserem Verständnis nicht auf – sie fängt dort erst an.