Die Arbeitsbedingungen im Einzelhandel sind schlecht, das ist weitläufig bekannt: Wenig Geld für viel Arbeit und kaum gewerkschaftliche Organisierung. Im Blumenhandel sieht es nicht besser aus, vielerorts gar schlechter. „Lange Arbeitszeiten, Wochenend- und Feiertagsarbeit für knapp über dem Mindestlohn, obwohl ich gelernt bin und über 10 Jahre Berufserfahrung habe,“ berichtet Steffi L., die in einem kleinen Blumenladen in Hannovers Innenstadt arbeitet. Aktuell gab und gibt es noch Tarifverhandlungen in der „Floristik“. Geführt werden sie durch die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU).
Bisher konnten im Westen der Republik 3,6 Prozent Lohnerhöhung erreicht werden. Das sieht beispielsweise für Nordrhein-Westfalen so aus: Berufsanfänger*innen erhalten einen Bruttolohn von 1708 Euro, während 2247 Euro für erfahrene Florist*innen vorgesehen sind. Für Steffi L. wäre es eine erhebliche Verbesserung, wenn sie nach diesem Tarifvertrag bezahlt würde: „Mit meinem 1450 Euro brutto bei einer 6-Tage-Woche komme ich eigentlich nicht über die Runden. Davon Wohnung, Essen, Kleidung und die Monatsfahrkarte zu bezahlen, geht gerade so, aber ein Auto zum Beispiel bleibt ein Wunschtraum, und von einer kaputten Waschmaschine will ich gar nicht erst anfangen. Aber mir macht die Arbeit eben Spaß, deswegen mache ich das.“
Die gültigen Tarifverträge sind jedoch nur für Mitglieder im Fachverband bindend und die meisten Geschäfte sind eben nicht Mitglied. Im Osten dauern die Verhandlungen an, da die Arbeitgeber im Fachverband nur zu einer Erhöhung von 16 Cent pro Stunde bereit sind. Damit wäre dort ein Stundenlohn von knapp 9 Euro erreicht. Das bedeutet eine Bezahlung mit dem ohnehin geringen Mindestlohn für ausgebildete Fachkräfte! Floristik ist, wenn man es genau nimmt, ein Kunsthandwerk. Der Fachverband Deutscher Floristen schreibt dazu: „In kaum einem anderen Beruf sind Kreativität, handwerkliche Fertigkeiten, der Umgang mit natürlichen Produkten und kaufmännisches Knowhow so eng miteinander verknüpft. Jedes blumige Design aus der Hand der Floristen ist ein Unikat und garantiert nicht von der Stange.“ Wir alle kaufen Topfpflanzen für unsere Fensterbänke und Balkone, schön gebundene Blumensträuße für viele Gelegenheiten oder auch Kränze für Beerdigungen. Im Alltag gibt es also immer wieder Anlässe, die uns in einen Blumenladen führen. Angemessenen Lohn, gute Arbeitsbedingungen und Wertschätzung für die Arbeit der Floristinnen und Floristen gibt es hingegen kaum. Das muss sich ändern!
Florist*innen müssen einen Lohn erhalten, der zum Leben ausreicht, das heißt eine Bezahlung deutlich über dem Mindestlohn! Die Arbeitsbedingungen müssen verbessert und die Anerkennung der Arbeit erhöht werden. Dazu gehören so fundamentale Standards wie die Einhaltung von Pausenzeiten, die Auszahlung von Überstunden und Zuschläge für Feiertags- und Sonntagsarbeit. Aber alle paar Jahre Tarifverhandlungen reichen leider nicht aus, um die Arbeitssituation in der Branche nachhaltig zu verbessern oder die Öffentlichkeit zu erreichen. Stattdessen hilft eine solidarische und selbstorganisierte Praxis rund ums Jahr!
Im Allgemeinen Syndikat der FAU Hannover organisieren sich Florist*innen, um gemeinsam für eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen einzutreten. Du bist Florist*in, kommst mit deinem Lohn gerade so durch den Monat und möchtest etwas daran ändern? Dann melde dich unter kontakt-asyh[at]fau.org oder bei der gewerkschaftlichen Beratung der FAU Hannover. Als Gewerkschaft können wir dich dabei unterstützen, dich mit Kolleg*innen zu organisieren oder deine Rechte als Arbeitnehmer*in durchzusetzen. Wenn wir uns gegenseitig den Rücken stärken, ist es leichter, bei der pausenlosen Rennerei zwischen Binderaum und Ladentheke keine Haltungsschäden zu bekommen.