„Stell dich mal nicht so an…“ – Mobbing am Arbeitsplatz

Das Thema „Mobbing“ am Arbeitsplatz ist mittlerweile als Problem erkannt. Fast alle großen Betriebe haben Mobbingbeauftragte. Trotzdem wird Mobbing von vielen Betroffenen häufig genug verdrängt und nicht selten sogar sich selbst die Schuld daran gegeben. Dies ist nicht zuletzt eine Folge von Vereinzelung in unserer Gesellschaft, in deren Zuge auch Probleme am Arbeitsplatz hauptsächlich nur noch als Einzelschicksal betrachtet werden.

Dabei kommt Mobbing nicht selten vor. Etwa 10% aller Lohnabhängigen sind im Laufe des Arbeitslebens mindestens einmal von Mobbing betroffen. Der typische Mobber ist männlich, Vorgesetzter, zwischen 35 und 54 Jahre alt und zählt zu den langfristig Beschäftigten. Große Betriebe, in denen es starke Hierarchien gibt – wie die Öffentliche Verwaltung – oder in denen Hierarchien nur halbdurchsichtig sind – wie bei multinationalen Konzernen – sind ein idealer Nährboden für Mobbing. Aber auch Berufe mit sozialer Ausrichtung, wie Gesundheitsdienste oder Unterrichtswesen sind besonders betroffen.

Grundsätzlich gilt allerdings: Mobbing kann in jedem Betrieb und in jedem Berufsfeld vorkommen und alle von uns treffen. Oftmals steht im Hintergrund ein Konflikt am Arbeitsplatz oder Ärger über eine Person, der sich dann zum gezielten Mobbing auswächst. Dabei liegen die eigentlichen Gründe in aller Regel gar nicht in der gemobbten Person, sondern sind in der schlechten Arbeitsorganisation, den nicht gut geregelten Abläufen und Vorgaben zu finden. Zu hoher Arbeitsdruck, willkürliche Aufgabenverteilung und fehlende Wertschätzung der Lohnabhängigen durch Chefs oder Vorgesetzte werden häufig nicht als gemeinsames Problem der gesamten Belegschaft erkannt, stattdessen wird ein „Sündenbock“ gesucht und gefunden. Bis die Betroffenen realisieren, dass nicht sie Schuld an bestimmten Problemen haben, sondern Opfer von Mobbing sind, vergehen häufig Monate.

Das Beispiel eines Mitglieds der Gewerkschaft IWW Wien zeigt das besonders deutlich. Eine kleine Änderung im beruflichen Umfeld setzt eine Spirale der Ausgrenzung durch die Kolleg*innen in Gang. Informationen werden vorenthalten, Konflikte herbeigeführt, die Kompetenz in Frage gestellt oder Kleinigkeiten zu großen Problemen aufgebauscht. Als Folge stellt sich bei der betroffenen Person Schlaflosigkeit, Nervosität und Gereiztheit – kurz Stress – ein. Erst nach Monaten hat die betroffene Person endlich die Kraft, sich an ihre Freund*innen und Genoss*innen in der IWW zu wenden. Gemeinsam wurden dann Strategien entwickelt, wie das Mobbing beendet werden kann. Solche Situationen können für die Betroffenen gravierende Folgen haben und sind niemandem zu wünschen.

Eine besondere Verantwortung kann auch den Kolleg*innen zukommen, die sich zwar nicht direkt am Mobbing beteiligen, aber eben – bisher – auch nicht eingeschritten sind. Manchmal aus Angst, selbst ins Visier zu geraten, aber oft auch aus falsch verstandener Neutralität: „Ich möchte mich da nicht einmischen, schließlich geht es mich ja nichts an“. Dabei tut Einmischung hier Not. Egal wie man zu der betroffenen, gemobbten Person steht, ob man sie mag oder nicht – Mobbing am Arbeitsplatz und die teilweise schwerwiegenden, auch gesundheitlichen Folgen hat niemand verdient. Und alle Betroffenen, zu denen man durch einen dummen Zufall sehr schnell selbst gehören kann, sind froh, wenn andere eingreifen.

Leider wird Mobbing häufig ertragen, auch gerade weil Andere nicht eingreifen . Die am weitesten verbreitete Lösung ist die Kündigung der Arbeitsstelle durch die Betroffenen. Meist nach einer längeren Krankschreibung. Das muss nicht sein. Um gegen Mobbing vorzugehen, hilft es die Ursachen zu erkennen und gegen diese aktiv zu werden. Daher ist es wichtig, sich bei Konflikten am Arbeitsplatz auszutauschen und zusammenzutun – im Betrieb, wie außerhalb. Mobbing ist ein Problem für die betroffene Person, die Ursachen haben aber meist nicht mit den Betroffenen selbst zu tun. Die Arbeitsbedingungen, die zum Mobbing führten, müssen genau angeschaut und verbessert werden. Hier kann gewerkschaftliche Organisierung helfen.