Gekommen, um zu stören

bildAllgemeines Syndikat nimmt an Kundgebung gegen Union Buster-Kanzlei teil

Am gestrigen Dienstag, den 26. Januar 2016, hielt die bundesweit tätige Anwaltskanzlei „Dr. Schreiner + Partner GbR“ ein Seminar mit dem Titel „Effektive Strategien im Umgang mit schwierigen Betriebsräten“ im Radisson BLU Hotel in Hannover-Laatzen ab. Allerdings müssen die Ausrichter dieser Seminare inzwischen häufig mit Protest rechnen.

So versammelten sich auch in Laatzen etwa 60 DemonstrantInnen vor dem Hotel, die einem Aufruf der IG Metall folgten. Auch das Allgemeine Syndikat der FAU Hannover beteiligte sich an dem Protest, verteilte Flugblätter und steuerte einen Redebeitrag bei. Die vielen Neugierigen an den Fenstern des Hotels bewiesen, dass die Kundgebung ihren Zweck erfüllte: Denn Ziel war es, nicht nur die Machenschaften der zwielichtigen Union Busting-Kanzlei zu thematisieren, sondern auch das Hotel unter Druck zu setzten, solche Seminare künftig nicht mehr auszurichten.

Auszüge aus der Rede des Allgemeinen Syndikats

Allein im ersten Halbjahr 2015 hielt die Kanzlei „Dr. Schreiner + Partner GbR“ elf Seminare im Raum Hannover ab und warb dafür unter anderem mit Themen wie „Kündigung störender Arbeitnehmer“. Hier werden rechtliche Möglichkeiten vermittelt, um auch „krankheits- und verhaltensbedingte Kündigungen“ durchzuziehen und sogenannte „Low-Performer“ dazu zu bewegen, den Betrieb – mehr oder minder freiwillig – zu verlassen. Sei es, dass ihnen ein Akkordlohn aufgedrückt wird oder sie sich mit Schadensersatzansprüchen konfrontiert sehen. Hilft dies alles nicht, so schlägt „Schreiner + Partner“ gerne auch mal „kreativere“ Lösungen vor. Diese bewegen sich hart an der Legalitätsgrenze oder überschreiten diese sogar bewusst – was Aufzeichnungen von diesen Seminaren belegen. TeilnehmerInnen berichteten im Internet, was unter „kreativen Kündigungsgründen“ verstanden wird: Erfundene Aussagen, geplantes Mobbing oder das Konstruieren einer sexuellen Nötigung.

Für die FAU als Basisgewerkschaft spielt es letztendlich eine geringere Rolle, ob diese Praktiken legal oder illegal sind – illegitim sind sie alle. Ausnahmslos!

Allerdings drängt sich die Frage auf, was ein Unternehmen dazu bewegt, für dieses oder ähnliche Seminare pro Kopf um die 900,-€ zuzüglich MWSt zu bezahlen. Anreise und die Kosten für einen freigestellten Arbeitstag sind da noch nicht einmal mit inbegriffen. Die Antwort ist so einfach wie ernüchternd: Sie nehmen uns ernst. Das mag banal klingen, gerade weil die öffentliche Wahrnehmung etwas anderes vermittelt. Gewerkschaften gelten als veraltet, sie stören höchstens,
wenn die Urlaubssaison ansteht und Bahn- und Flug-Verkehr bestreikt werden.

Dass es soziale Unterschiede gibt, wird immerhin nicht mehr ganz bestritten. Aber bei dem Wort Klassengegensätze oder gar Klassenkampf werden meist die Augen verdreht. Diese Gewerkschaftsmüdigkeit hat sich spätestens seit den rot-grünen HartzIV-Gesetzen durchgesetzt. Mit der Agenda2010 trat nämlich eine Schuldumkehr zu Tage, die Armut und Elend individualisierte. Gewerkschaften aber wurden und werden immer und überall ernst genommen. Allerdings mehr von denen, von denen sie bekämpft werden. Sie wurden ernst genommen von der Thatcher-Regierung in den 1980ern, die sich die Zerschlagung der britischen „National Union of Mineworkers“ rund drei Milliarden Pfund kosten ließ. Sie wurden ernst genommen von der großen Koalition, die mit ihrer sozialdemokratischen Arbeitsministerin Nahles im Juli 2015 das „Tarifeinheitsgesetz“ verabschiedete. Union Buster nehmen Gewerkschaften sehr ernst und stehen ihnen feindlich gegenüber, sie sprechen sogar selbst von einem Klassenkonflikt. Warren Buffett, der zur Zeit drittreichste Mensch der Welt, sagt es offen: „Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.“

Unsere Solidarität gegen ihre Schikanen

Die gestrige Aktion zeigt jedoch auch, dass aktive und engagierte Gewerkschafts- und Betriebsratsarbeit gegen diese Praktiken möglich und nötig sind. Die protestierenden GewerkschafterInnen erfuhren viel Solidarität von den PassantInnen sowie von einigen MitarbeiterInnen des Hotels und sogar seitens der Polizei. Wir werden daher auch zukünftig nicht klein beigeben sondern dem Klassenkampf von oben solidarisch entgegentreten.

Wir kommen, um zu stören: Gegen Schikanen am Arbeitsplatz! Gegen prekäre Arbeitsverhältnisse, willkürliche Kündigungen und Mobbing von oben! Gegen die Verhinderung kollektiver Interessenvertretung in den Betrieben!